Zwischen Plätzchenduft und Lichterkette
Vielleicht kennst du das: Draußen wird es früh dunkel, überall leuchten Lichterketten, in der Küche duftet es nach Plätzchen und dein Kind dreht innerlich noch ein bisschen mehr auf als sonst. So viele Eindrücke, so viel Vorfreude, so viel „gleich passiert was“ und dabei doch ganz viel Warten, Sitzen, Erwachsenenprogramm.
Warum die Weihnachtszeit für das Nervensystem deines Kindes so intensiv ist
Die Kombination aus veränderten Tagesabläufen, vielen Besuchen, neuen Gerüchen, Musik, Deko und Aufregung ist für das Nervensystem deines Kindes eine echte Herausforderung. Alles ist ein bisschen „mehr“ als sonst: lauter, bunter, aufregender.
Kinder, die Reize sowieso schon intensiver wahrnehmen oder Schwierigkeiten haben, sie zu sortieren, reagieren dann oft mit:
- mehr Bewegung,
- mehr Lautstärke,
- mehr „Kleben“ an dir oder
- scheinbarer „Unruhe“.
Das ist kein „schlechtes Benehmen“, sondern häufig ein Zeichen: „Es ist gerade viel für mich.“
Genau hier können kleine Bewegungsinseln und klare, körperliche Erfahrungen deinem Kind helfen, sich besser zu spüren und wieder ein bisschen im eigenen Körper anzukommen.
Rentier-Momente: Mit 3 Minuten Bewegung den Tag retten
Beginnt doch mit etwas ganz Einfachem: einem „Rentier-Spiel“. Stell dir vor, du sagst zu deinem Kind: „Heute bist du das Rentier und ich bin der Weihnachtsmann und Du darfst den Schlitten ziehen.“ Ihr lauft durch den Flur, dein Kind galoppiert mit hohen Knien, die Arme wie ein großes Geweih auf dem Kopf. Ihr lacht, ihr werdet warm, und ganz nebenbei trainiert dein Kind Koordination, Gleichgewicht und Körperspannung. Dann könnt Ihr auch einen Wäschekorb beladen und als „Schlitten“ umfunktionieren.
Anschließend der magische Wechsel: „Jetzt bist du ein ganz leises Rentier, das niemand hören darf.“ Plötzlich sind die gleichen Bewegungen langsam und kontrolliert, auf Zehenspitzen, mit viel Konzentration. All das, was wir „Regulation“ und „motorische Kontrolle“ nennen, passiert mitten in eurem Alltag verpackt in ein kleines Spiel von vielleicht drei Minuten.
Ähnlich funktioniert es mit der „Tannenbaum-Balance“. Vielleicht nach dem Abendessen, bevor es auf die ins Bett geht:
„Zeig mir mal, wie Du zum Tannenbaum wirst.“
Dein Kind stellt sich auf ein Bein, streckt die Arme nach oben und versucht, nicht umzufallen. Auch könnt ihr Euch auf einen kleinen Hocker stellen.
Du machst mit, ihr kippt, ihr kichert, ihr versucht es noch einmal. Wenn du magst, kommt ein Kissen dazu oder ein Kuscheltier, das oben auf der „Baumkrone“ balanciert wird. Das ist Koordination, Tiefensensibilität, Gleichgewicht und gleichzeitig ein wunderbares Ritual, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen.
Plätzchenduft als „geheime Therapie“: Was Hände, Schere & Papier alles können
Ein anderer Klassiker, der in der Weihnachtszeit immer gut funktioniert, ist Plätzchen backen. Was wäre, wenn du diesen Moment ganz bewusst als kleinen Übungsraum für die Hände deines Kindes nutzt?
Beim Teigkneten spürst du, wie viel Kraft in den Fingern und im Handgelenk arbeitet. Beim Ausrollen muss der Druck dosiert werden. Beim Ausstechen entscheidet dein Kind: „Wo setze ich die Form hin, damit noch Platz ist?“ das ist auch Auge-Hand-Koordination, Handlungsplanung.
Und wenn die kleinen Hände dann Streusel oder Nüsse mit Daumen und Zeigefinger auf die Plätzchen legen, üben sie ganz nebenbei den Pinzettengriff, der später fürs Schreiben, Knöpfen, Reißverschlüsse schließen wichtig ist.
Genauso liebe ich die stilleren Bastelmomente: Schneeflocken und Sterne aus Papier. Das Falten, das Halten der Schere, das Überlegen „Wo schneide ich?“ all das fordert und fördert Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination und Kreativität. Und das Schönste ist oft der Moment, wenn dein Kind das Papier wieder auffaltet und diese kleinen Kunstwerke zum Vorschein kommen. Stolz ist ein unglaublich wertvolles „Therapiemittel“.
„Weihnachtsmann sagt…“ spielerisch üben, erst zu hören und dann zu handeln
Wenn es um motorische Planung und Impulskontrolle geht, könnt ihr den „Weihnachtsmann“ ins Spiel holen. Vielleicht kennst du das Spiel „Simon says“. In der Weihnachtsversion heißt es: „Der Weihnachtsmann sagt…“.
Du stellst dich hin und sagst:
„Der Weihnachtsmann sagt: spring wie ein Rentier.“
Dein Kind springt.
„Der Weihnachtsmann sagt: tu so, als würdest du Geschenke einpacken.“
Dein Kind macht mit.
Und irgendwann kommt ein Kommando ohne „Weihnachtsmann sagt“. Wenn dein Kind dann innehält, nicht direkt losspringt, sondern kurz nachdenkt dann passiert genau das, was vielen Kindern so schwer fällt: erst hören, dann handeln. Das ist kein „Gehorsamsspiel“, sondern eine liebevolle Übung für Aufmerksamkeit, Selbststeuerung und das berühmte „Stopp sagen können“.
Oft lasse ich die Kinder später selbst in die Rolle des Weihnachtsmanns schlüpfen. Sie überlegen sich Bewegungen, geben Anweisungen, lachen, wenn Mama oder Papa „reinfallen“. In diesen Momenten trainieren sie nicht nur ihren Körper, sondern auch Sprache, Fantasie und Selbstvertrauen.
Kissen, Tunnel, Dachfirst: Wie dein Wohnzimmer zum kleinen Therapie-Parcours wird
Was wäre mit einem kleinen Wohnzimmer-Parcours. Du brauchst dafür keine Turnhalle ein paar Kissen, Stühle und vielleicht eine Decke reichen völlig.
Aus Stühlen und einer Decke wird ein Tunnel, unter dem dein Kind durchkrabbelt. Kissen werden zu „Inseln“, über die es balanciert, ohne den Boden zu berühren. Ein Streifen Klebeband auf dem Fußboden wird zum „Dachfirst“, auf dem der Weihnachtsmann ganz vorsichtig entlanggehen muss, um die Geschenke nicht zu verlieren. Vielleicht wartet am Ende eine kleine Glocke, die geläutet wird, oder ein Kuscheltier, das „gerettet“ werden will.
In solchen Parcours fangen Kinder an zu planen:
„Wo gehe ich lang? Wie komme ich da drunter? Wo setze ich meinen Fuß hin?“
Das sind genau die Fähigkeiten, die sie später auf dem Spielplatz, auf der Treppe, beim Fahrradfahren oder im Sportunterricht brauchen. Und du stehst daneben, sicherst, lachst mit, ermutigst und wirst ganz nebenbei zur Co-Therapeutin oder zum Co-Therapeuten deines Kindes.
Fühlstrumpf & Mini-Weihnachts-Yoga: Wenn einfach alles zu viel ist
Und dann gibt es noch die Momente, in denen einfach alles zu viel ist. Zu viel Lärm, zu viele Termine, zu viele Eindrücke. Hier könnt ihr sehr gern mit ganz ruhigen, sinnlichen Ritualen arbeiten.
Ein „Weihnachts-Fühlstrumpf“ ist zum Beispiel schnell vorbereitet: In einen Nikolausstrumpf oder Stoffbeutel kommen unterschiedliche Dinge: eine Zimtstange, eine Mandarine, ein Tannenzweig, ein Stück Watte, eine kleine Holzfigur, vielleicht eine Christbaumkugel aus Plastik. Dein Kind steckt die Hand hinein, tastet, beschreibt, was es fühlt: hart, weich, pieksig, kalt, glatt. Es muss nicht raten, es darf einfach erspüren. Wenn es mag, schaut ihr hinterher gemeinsam hinein und holt die Dinge raus.
Damit gibst du seinem Tastsinn einen klaren, überschaubaren Rahmen. Kinder, die Berührungen eher meiden oder „zu doll“ machen, profitieren sehr oft von solchen liebevollen, angeleiteten Fühlerfahrungen.
Zum Abschluss eines vollen Tages liebe ich kleine Mini-Yoga-Momente in Weihnachtsversion: Einmal Tannenbaum stehen, Arme hoch, tief atmen. Einmal „Geschenk“ sein, ganz klein zusammengekauert und fest umarmt. Einmal „Stern“, auf dem Rücken liegend, Arme und Beine ausgestreckt, Augen zu, vielleicht eine leise Musik im Hintergrund. Du merkst oft schon nach wenigen Atemzügen, wie die Spannung im Körper deines Kindes nachlässt und vielleicht auch in deinem.
Wenn du beim Lesen gemerkt hast: „Oh ja, da erkenne ich mein Kind wieder und ich hätte gern noch mehr Ideen oder Unsicherheit bleibt“, dann darfst du dir natürlich Unterstützung holen. Das ist kein „Versagen“, sondern eine Einladung: gemeinsam hinzuschauen, zu verstehen und Wege zu finden, die euch den Alltag leichter machen.
Hier kommst Du zu einem kostenlosen „Schnuppergespräch“ .
Bis dahin wünsche ich euch eine Weihnachtszeit voller kleiner Bewegungsinseln, Lachanfälle im Rentier-Galopp und stiller Fühlmomente auf dem Wohnzimmerteppich.

Ergotherapie trifft auf Mentoring-individuell, von überall und ohne Wartezeit!
Ich bin Melanie und es ist meine Herzensaufgabe, Menschen im Alltag zu ihrer größtmöglichen Selbstständigkeit zu verhelfen. Sowohl z.B. Kindern mit Wahrnehmungsproblemen sowie Menschen, die nach einem Schlaganfall wieder zu ihrer Stärke finden möchten. Ich zeige online, wie es gelingen kann, gezielt die individuellen Bedürfnisse zu fördern. Lass uns gemeinsam daran arbeiten, dass du oder dein Kind wieder mit Selbstvertrauen und Unabhängigkeit den Alltag meistern kannst!
