Artikel zum Podcast „Bin weg bouldern – Lasst eure Kinder bouldern!“
Ich war Interviewpartnerin bei Juliane Fritz in ihrem Podcast https://binwegbouldern.de/lasst-eure-kinder-bouldern/#more-2805 und habe dort unter anderem erzählt, warum ich Klettern für die kindliche Entwicklung so wichtig finde. Denn es ist mehr als nur ein sportliches Abenteuer, es verbindet Bewegung mit kognitiver und emotionaler Entwicklung. Vor allem, wenn Gehirn und Bewegungsapparat noch in Wachstum sind, bietet Klettern viele tolle Effekte.
Aus meiner Erfahrung als Ergotherapeutin kann ich sagen: Klettern ist eines der besten Geschenke, die wir unseren Kindern machen können. Hier lest ihr, warum:
Was passiert, wenn Kinder klettern? Spielerisch und ganz intuitiv
Stell dir vor, dein Kind steht an einer Kletterwand, der linke Arm greift rüber auf die rechte Seite, das rechte Bein balanciert über die Mitte: Es entsteht ständig ein Wechselspiel zwischen links und rechts.
Überkreuzung & Körpermittellinie
- Was bedeutet das?
Die Körpermittellinie ist eine imaginäre Linie, die den Körper in eine linke und eine rechte Seite teilt. Bewegungen, bei denen Arme oder Beine die Mittellinie überqueren, also z. B. wenn ein rechter Arm auf die linke Seite greift oder der linke Fuß nach rechts tritt, sind wichtig für das „Zusammenspiel“ beider Gehirnhälften. - Wie unterstützt Klettern das?
Beim Klettern sind Kinder ständig damit beschäftigt, Hände und Füße möglichst effektiv einzusetzen, oft in wechselnden Richtungen. Um einen Griff zu erreichen, muss z. B. manchmal ein Bein über die Mitte geschwungen werden oder man muss den Körper so verdrehen, dass Arme oder Beine über die Mittellinie greifen. Diese Bewegungen fördern die Koordination beider Körperhälften, stärken die neuronalen Verbindungen beider Hirnhälften und helfen, die eigene Körperwahrnehmung zu trainieren. Hier eine interessanten Studie dazu, wie Klettern Gleichgewicht, Körperwahrnehmung und Koordination schult: Studie MDPI, 2023‑2024 (doaj.org).
Das heißt: Kinder spüren besser, wie ihr Körper sich in Raum und Bewegung verhält.
Handlungs‑ und Bewegungsplanung
- Kinder, die klettern, müssen ständig entscheiden: Welcher Griff? Welcher Fußtritt? In welcher Reihenfolge? Welcher Weg erscheint machbar?
- Diese Entscheidungen erfordern Planung, Abschätzung, Problemlösen und Anpassungsfähigkeit z. B. wenn ein Griff schwerer ist als erwartet oder die Route anders verläuft als gedacht.
- Damit wird nicht nur die grobe motorische Fähigkeit trainiert, sondern auch die Fähigkeit, Bewegungen im Voraus zu denken und zu koordinieren (z. B. Vorstellungsvermögen, räumliches Denken).
All das sind Planungsschritte, die Fehlversuche erlauben. Genau das liebe ich: Fehler sind keine Katastrophen, sie sind Lerngelegenheiten!
Konzentration und Aufmerksamkeit
- Klettern fordert volle Aufmerksamkeit: man muss auf den Verlauf der Route achten, auf Griffe und Tritte suchen, Gleichgewicht halten, ständig das Gleichgewicht zwischen Aktion und Ruhe finden.
- Ablenkungen müssen ausgeblendet werden (z. B. Geräusche in der Halle, andere Menschen, Höhenangst).
Kinder, die sonst leicht ablenkbar sind, merken häufig: Ich muss mich jetzt fokussieren. Das ist oft sehr befreiend, weil Erfolgserlebnisse kommen, wenn man dranbleibt. Auch hierzu gibt es inzwischen einige Untersuchungen bei Kindern mit ADHS wie dieser Artikel aus Polen hier zeigt: Kadiyeva & Blagii, 2021 (Akademicka Platforma Czasopism)
Selbstvertrauen und emotionale Aspekte
- Klettern führt sichtbar zu Erfolgen Links: Ein Griff wird geschafft, eine Route überwunden, Ängste überwunden. Das stärkt das Selbstbewusstsein.
- Kinder erleben, dass sie durch Üben und Anstrengung besser werden und dass Rückschläge Teil des Lernprozesses sind.
- Gemeinsames Klettern (z. B. mit Eltern, Freunden) fördert auch soziale Kompetenzen: Vertrauen, Kommunikation, Ermutigung und gegenseitige Unterstützung.
Jedes Mal, wenn ein kleiner „Angstmoment“ überwunden wird, wächst das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Kinder merken: Ich kann das. Ich habe das geschafft, auch wenn es zuerst schwierig war. Das gibt Mut, auch abseits der Kletterhalle.
Muskelspannung und Körperwahrnehmung
- Beim Klettern werden viele Muskelgruppen beansprucht: Arme, Beine, Rumpf, Schultern, Füße. Es ist also ein ganzheitliches Training.
- Kinder lernen, wie viel Spannung nötig ist, z. B. um einen Griff zu halten oder locker loszulassen, das hilft auch, überschüssige Spannung zu regulieren oder aufzubauen, wo sie benötigt wird.
- Ein bewusster Umgang mit Spannung und Entspannung kann auch helfen, körperliche sowie emotionale Anspannung abzubauen.
Kinder lernen, wie viel Spannung nötig ist wenn man sich strecken muss, wenn man sich hochziehen, schwingen, balancieren oder auch mal springen muss. Und genauso merken sie, wo sie loslassen können. Diese Wechsel helfen, ein Gespür für An- und Entspannung zu entwickeln, sowohl körperlich als auch innerlich.
Was kannst Du tun?
Hier einige Tipps, die direkt umsetzbar sind:
- Gemeinsam ausprobieren: Wenn möglich klettert ihr zusammen. Kinder fühlen sich sicherer und motivierter, wenn Eltern mitmachen oder daneben sind.
- Routen lieber einfacher starten lassen: Erfolg tut gut, lieber häufiger kleine Siege als selten große.
- Reflektieren lassen: Vor dem Klettern kurz überlegen: Welchen Weg probiere ich? Beim Klettern: „Wo spüre ich, dass mein Bein jetzt gestreckt werden muss?“ Nach dem Klettern: „Was war schwierig, was ging gut?“ So wird Bewegungsplanung und Körperbewusstsein gestärkt.
- Ruhige Phasen und Entspannung nicht vergessen: Nach und vor dem Klettern tut ein Dehnen gut und bereitet Muskeln und Bänder vor. Aber auch beim Klettern auf Pausen achten, um Überforderung durch ungewohnte Bewegungen zu vermeiden.
- Vielfalt der Bewegungen: Unterschiedliche Routen, unterschiedliche Schwierigkeiten, verschiedene Richtungen. Das fördert Überkreuzungen und neue Bewegungsmuster.
- Sicherheit & Ermutigung: Lob, Unterstützung, aber auch Raum, Fehler zu machen.
- Regelmäßigkeit: Häufig klettern machen, nicht zu selten, damit sich Fertigkeiten und positive Effekte verfestigen.
Woran siehst Du, dass sich etwas verändert:
- Das Kind probiert zuerst, bevor es aufgibt (mehr Durchhaltevermögen).
- Es wird mutiger z. B. neue Routen, neue Griffe ausprobieren.
- Es reagiert gelassener, wenn etwas nicht sofort klappt: weniger Frust, mehr Neugier.
- Im Alltag: Bessere Körperkoordination beim Rennen, Balancieren, Treppensteigen etc.
- Aufmerksamkeitsspanne in spielerischen Situationen oder beim Hausaufgabenmachen kann sich verlängern.
Aus meiner Sicht
Als Ergotherapeutin sehe ich, wie Klettern und Bouldern Kindern auf vielen Ebenen hilft: körperlich, geistig, emotional. Es bringt Bewegung in den Alltag, Herausforderungen, Erfolgserlebnisse und stärkt das Selbstvertrauen. Und: es macht Freude, was meiner Meinung nach viel zu sehr unterschätzt wird als Entwicklungsmotor.
In dem Podcast Bin weg bouldern von Juliane Fritz gibt es noch weitere spannende Folgen, die diese Effekte anhand von realen Geschichten unterstreichen.
Klettern beinhaltet Entwicklungspotential für Menschen z.B. mit ADHS, für Inklusion und bietet Inspiration, wie Menschen ganzheitlich gestärkt werden können
Wenn du möchtest, kann ich dir eine Checkliste schicken, woran du erkennen kannst, dass dein Kind vom Klettern profitiert plus Hinweise für Hallen in deiner Nähe oder mögliche Übungsformen zuhause.
Melde Dich gerne! Klick auf „Schnuppergespräch“ und lass mir eine Nachricht da.
Bis bald
Deine Melanie

Ergotherapie trifft auf Mentoring-individuell, von überall und ohne Wartezeit!
Ich bin Melanie und es ist meine Herzensaufgabe, Menschen im Alltag zu ihrer größtmöglichen Selbstständigkeit zu verhelfen. Sowohl z.B. Kindern mit Wahrnehmungsproblemen sowie Menschen, die nach einem Schlaganfall wieder zu ihrer Stärke finden möchten. Ich zeige online, wie es gelingen kann, gezielt die individuellen Bedürfnisse zu fördern. Lass uns gemeinsam daran arbeiten, dass du oder dein Kind wieder mit Selbstvertrauen und Unabhängigkeit den Alltag meistern kannst!

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